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Ein Bildungshaus der Diözese St. Pölten
Österreich verliert täglich an Boden
Am Foto: Johannes Deinhofer, Wolfgang Haidin, Lucia Deinhofer, Hannes Pressl, Agnes Scheucher, Gerlind Weber, Bernhard Kerndler, Angela Zemanek-Hackl, Clemens Stammler, Helmut Wagentristl, Josef Penzendorfer und Brigitte Hofschwaiger (Foto: Hofschwaiger, Bericht: Josef Penzendorfer)
BESORGNISERREGEND / Österreich pflastert das Land zu, der Bodenverbrauch steigt rasant, wir leben bereits von der Substanz.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Bevölkerung in Österreich um 6%, die verbaute Fläche aber um 22% zugenommen. Pro Tag werden 19 Hektar Grünland verbaut, das entspricht der Fläche von 27 Fußballfeldern. Zahlen, die zu denken geben, ja alarmieren sollten, die Flächenwidmung endlich entsprechend zu überdenken!
Hauptverantwortlich für diese besorgniserregende Entwicklung sind der Wohn- und Straßenbau. Der ungebrochene Trend zum (großen) Einfamilienhaus trotz begrenzter Flächen ist zu hinterfragen; wie lange kann es noch so weitergehen? Auch bezüglich Energieverbrauch liegt Österreich im Vergleich zu den übrigen EU-Ländern an der Spitze: Anstieg in 2 Jahrzehnten um über 27% im Vergleich zu EU-weiten 2,3%. Hauptursache ist der verkehrsbedingt anwachsende Energieverbrauch, der in Österreich von 1995 bis 2013 um 51,3% stieg, in der EU jedoch nur um 13,6%.
Im Rahmen des großen „Boden-Projektes“ fand nun am 5. Nov. 2015 im BildungsZentrum St. Benedikt in Seitenstetten unter der fachkundigen Leitung von DI Johannes Pressl, Bürgermeister von Ardagger, eine prominent besetzte Podiumsdiskussion unter dem Titel „Wir verlieren den Boden unter den Füßen“ statt. Zwei Schwerpunkte standen zur Debatte: einerseits Raumplanung, andererseits landwirtschaftliche Bodennutzung.
Wir verlieren fortwährend den Boden als Basis unseres Lebens und gehen doch weiterhin sehr sorglos mit diesem kostbaren Gut um. Univ.-Prof. DI Dr. Gerlind Weber – bis 2012 Professorin an der Universität für BOKU Wien und Leiterin des Institutes für Raumplanung und Ländliche Neuordnung – sprach über unser „wenig sorgfältig behandeltes Land“ und sorgloses (Be)Bauen am falschen Platz. Sie widersprach dem Wachstumsdogma, zeigte die zu große Wohnnutzfläche von 44m2 pro Person auf und verwies auch auf die bestehende alte Bausubstanz in toten Ortskernen. „Wir schaffen derzeit Strukturen, die uns unsere Nachfahren zum Vorwurf machen werden, das Wohlstandsniveau manifestiert sich nämlich derzeit in Beton!“, formulierte sie pointiert in ihrem Schlussplädoyer. Landwirtschaft und Raumplanung sollten vielmehr Allianzen bilden – bezüglich Verkehr, Klimaschutz, Energiewende … und auch den demographischen Wandel gilt es mit zu bedenken. Es sollte schließlich der Bodenverbrauch für Generationen gesichert und eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit erhalten werden!
Palmölproduktion, Sojaimporte aus Drittländern betreffen auch uns direkt, Europa (ver)braucht inzwischen nämlich eindeutig mehr als das ihm zustehende Land.
Auch der Strukturwandel in der Landwirtschaft und die Art der Bewirtschaftung der Böden kam ausführlich zur Sprache, haben doch speziell im Ackerbau Bodenerosion und Humusverlust stark zugenommen. DI Dr. Helmut Wagentristl, Direktor der landwirtschaftlichen Versuchswirtschaften der BOKU Wien, betonte die Bedeutung der Forschung gerade auch in Bezug auf Düngung und verwies auf eine gewisse Trendumkehr – hin zu besseren Böden durch spezielle Umweltprogramme im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie.
Clemens Stammler, Vorsitzender der Grünen Bauern OÖ aus dem Salzkammergut, verwies als Biobauer unter anderem auf die höhere Wertschätzung des Bodens eben dort, wo er schwieriger zu bestellen ist. Verantwortungsvoller Umgang mit dem Boden ist vorrangig, er soll nachfolgenden Generationen als ebenso wertvolles Gut übergeben werden können. Freilich kann auch die Diskrepanz zwischen Produzenten und Konsumenten nicht unberücksichtigt bleiben und übersehen werden.
Ein interessantes Projekt zeigte Bürgermeister Mag. Bernhard Kerndler aus Krummnussbaum auf, der auf verdichtete Bauweise (Ortskernverdichtung) setzt, „alte Sünden“ bereinigt, Bauflächen außerhalb des eigentlichen Ortskernes wieder rückwidmet und somit auch „Ruinen“ im Ortskern zu vermeiden versucht.
Fazit: Die Politik wäre gefordert, doch unzureichende Rahmenbedingungen dürfen für niemanden Ausrede sein, mit unserem wertvollen Gut Boden leichtfertig und verantwortungslos umzugehen. Unsere Nachkommen würden es uns zurecht nicht verzeihen!
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