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Nachberichte

Die Kraft der Barmherzigkeit - Biblische Grundlagen

Di., 17. März 2015

„Die Kraft der Barmherzigkeit. Biblische Grundlagen - Chance und Auftrag heute“
Vortrag und Diskussion mit Dr. Magdalena Holztrattner, Theologin, Direktorin der Katholischen Sozialakademie

Mit dem Einstieg in den Vortrag  über die Bibelstellen Luk, 10 und Luk, 15 – den Barmherzigen Samariter und den Barmherzigen Vater – verwies Magdalena Holztrattner auf die Barmherzigkeit als die wesentliche Eigenschaft des biblischen Gottes. Die Wortwurzel des hebräischen Wortes heißt „Mutterschoß“ – wir leben Barmherzigkeit, weil wir demselben göttlichen Mutterschoß entstammen. Der deutsche Stamm des Wortes wiederum bedeutet „Mitleid im Herzen“.

Barmherzigkeit in der Bibel: Gott hat Erbarmen mit den Leidenden, er kommt ihnen aus freier Gnade zu Hilfe; diese Liebe ist nicht berechenbar, Barmherzigkeit als Zeichen der Gottesverehrung.

Wir können wir Barmherzigkeit  heute leben? Das zentrale Gebot ist die Liebe: liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst. Wer aber ist die/der Nächste/r? Was will das Leben, dass wir tun? Wir sind gerufen, die/der Nächste zu sein, gerade jetzt in diesem Augenblick.

Barmherzigkeit in der Soziallehre: (J.P.II)“Das echte Erbarmen ist die tiefste Quelle der Gerechtigkeit“. Barmherzigkeit und Liebe sind innere Dimensionen, in der Tradition gibt es leibliche und geistliche Werke der Barmherzigkeit.

Magdalena Holztrattner verwies im Weiteren auf die vier Prinzipien der Soziallehre: Personalität, Subsidiarität, Nachhaltigkeit und Solidarität.

„Solidarität“ bezeichnete die Vortragende als einen Begriff, der vor rund 150 Jahren in Frankreich geprägt wurde, und wie folgt bedeutet:

  • mit anderen Menschen auf dem gleichen Boden (solidum) stehen
  • als Einzelner im Sinne der Gemeinschaft zu denken
  • als Gemeinschaft für den Einzelnen wesentlich sein („Einer für alle, alle für einen“)
  • das Mitfühlen auf andere ausweiten
  • Solidarität ist universell gedacht, es gibt keine Grenzen
  • will im Konkreten wirklich werden, auch ohne Vorbereitung, mit spontaner Hilfe
  • Solidarität ist die vorrangige Option für Arme und Schwache
  • bleibt auch aufrecht gegenüber Verbrecher/innen, um ihre Menschenwürde zu erhalten (Gefängnisseelsorge!)
  • drängt auf dauerhafte Veränderungen, auf Verlässlichkeit und die Verwirklichung von Ansprüchen

Solidarität bezeichnet den Umgang mit den anderen: Papst Franziskus hat 2015 als das Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen. Solidarität als Wort, das nicht immer gut ankommt – das Wort meint aber viel mehr als eine sporadische Geste, es bedeutet Denken und Handeln in Sinn von Gemeinschaft, nicht das Anhäufen von wirtschaftlichen Gütern.

Nach Magdalena Holztrattner besteht Solidarität aus den folgenden drei Elementen: Sehen – Urteilen – Handeln

  1. Sehen als Aufmerksamkeit gegenüber der Realität
  2. Die Wirklichkeit be-urteilen: wir leben egoistisch, nach Papst Franziskus erleben wir eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, der Wohlstand betäubt uns
  3. Handeln: barmherzige Liebe und nachhaltiges Handeln – darauf sollte die Politik aufbauen. Die Menschen sollten offen sein für die Not anderer, Politik sollte Gerechtigkeit vermehren, die Technik sollte den Menschen dienen. Gott braucht die Menschen, damit Solidarität auf der ganzen Welt erfahrbar wird. Wir sind aufgerufen, politisch tätig zu sein – unser Verhalten sollte zu solidarischen Verhältnissen führen.

In ihren Schlussworten bezeichnete die Vortragende nochmals die Barmherzigkeit als Grundbedingung für eine menschliche Zukunft, als Chance und Auftrag für heute. Unser gemeinsames Ziel – ein gutes Leben für alle – erreichen wir nur, wenn wir die Zukunft liebevoller, demokratischer, menschlicher gestalten …

Bericht: hof